Selbst wenn ein Kündigungsschreiben dem Ehegatten des Arbeitnehmers außerhalb der Ehewohnung übergeben wird, fungiert der Ehegatte als Empfangsbote, sodass das Schreiben dem Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt zugeht, in dem unter gewöhnlichen Verhältnissen mit der Weitergabe der Erklärung zu rechnen ist, also am selben Abend mit der Rückkehr des Arbeitnehmers in die gemeinsame Ehewohnung (BAG, Urt. v. 09.06.2011, Az. 6 AZR 687/09).
In der vorliegenden Sache hatte Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, wann eine Kündigung, die dem Ehepartner des Arbeitnehmers übergeben wurde, zugeht. In dem streitgegenständlichen Fall kündigte der Arbeitgeber, nachdem die Arbeitnehmerin ihren Arbeitsplatz nach einem Konflikt am 31.01.2008 verlassen hatte, mit Schreiben vom selben Tag das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 29.02.2008. Das Kündigungsschreiben ließ der Arbeitgeber dem Ehemann der Arbeitnehmerin an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt am Nachmittag des 31.01.2008 übergeben. Dieser reichte das Kündigungsschreiben, was er zunächst an seinem Arbeitsplatz vergessen hatte, erst am darauffolgenden Tag, dem 01.02.2008, an seine Ehefrau weiter. Zwischen den Parteien war infolge dessen streitig, ob das Arbeitsverhältnis bereits zum 29.02.2008 oder erst zum 31.03.2008 sein Ende gefunden hat.
Das Arbeitsgericht Köln (ArbG Köln, Urt. v. 15.10.2008, Az. 3 Ca 1573/08) hat der Klage der Arbeitnehmerin auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht bereits zum 29.02.2008, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende zum 31.03.2008 beendet worden ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht Köln (LAG Köln, Urt. v. 07.09.2009, Az. 2 Sa 210/09) hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Arbeitnehmerin beim Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, dass der Ehepartner – sofern er aufgrund seiner Reife und Fähigkeiten geeignet erscheint, das Kündigungsschreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten – als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen sei. Dem stehe auch nicht entgegen, so das Bundesarbeitsgericht, dass das Schreiben dem Ehemann der Arbeitnehmerin an seinem Arbeitspatz in einem Baumarkt und damit außerhalb der Ehewohnung übergeben worden sei. Entscheidend sei nämlich, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Ehewohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Arbeitnehmerin noch am 31.01.2008 zu rechnen gewesen sei. Da der Arbeitnehmerin das Kündigungsschreiben vom 31.01.2008 nach diesen Grundsätzen noch am selben Tag zugegangen sei, sei das Arbeitsverhältnis der Parteien gem. § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum 29.02.2008 beendet worden.
Hintergrund
Das Landesarbeitsgericht Köln hatte sich im Ergebnis der bisher in der Rechtsprechung herrschenden Rechtsauffassung angeschlossen, nach der der Ehegatte auch außerhalb der Wohnung Kraftverkehrssitte als zum Empfang von Willenserklärungen ermächtigt anzusehen sei und damit als „externer Briefkasten“ eingesetzt werden darf. Die Richter ließen dennoch die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu, da sie dahingehend Bedenken hatten, ob eine solch „externe Briefkasteneigenschaft“ des Ehegatten des Arbeitnehmers mit dem grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar sei. Schließlich gebe es eine solche Verkehrssitte bei unverheiratet zusammenlebenden Partnern nicht, sodass sich die Ehe demnach als Nachteil herausstelle.
Diese Bedenken teilte das Bundesarbeitsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe jedoch nicht.